Vorwort


Der Kapitalismus in Deutschland ist dadurch geprägt, dass unter den Bedingungen des Grundgesetzes ein kleiner Anteil von Mitbürgern systembedingt reicher und mächtiger wird und die übergroße Mehrheit aller anderen Bürger immer mehr an Einfluss verliert, zusehends ohnmächtiger wird und sich unfreier und ärmer fühlt. Ich glaube man braucht kein Prophet zu sein, wenn man behauptet, dass dieser Kapitalismus in absehbarer Zeit seinen Niedergang erleben wird. Mir bleibt die Hoffnung, dass dies ebenso friedlich geschehen wird, wie der Niedergang des Sozialismus in der DDR.

Der Sozialismus in der früheren DDR war geprägt durch eine relativ wohlhabende herrschende Klasse von Politikern, die dem Volk unter dem Deckmantel der Demokratie zwar in höherem Maß soziale Geborgenheit bot, dafür aber die Freiheit des Einzelnen massiv unterdrückte. Durch Planwirtschaft wurde die Eigeninitiative der Bürger zu wirtschaftlichem Handeln auf sein ganz privates Umfeld reduziert, was einen entsprechend geringen Wohlstand der Bevölkerung zur Folge hatte. Letztlich führten diese Sachverhalte dann zum Ende des Sozialismus in der DDR und zu deren Niedergang.

Es scheint mir ganz sicher zu sein, dass von der überwältigen Mehrheit der Bürger beide Systeme nicht gewollt sind, aber bislang kein Weg gefunden wurde ein System zu entwickeln, in dem sich das Volk als Ganzes aufgehoben fühlen könnte. Nach meiner Überzeugung wird dies nur in einer wirklich wirtschaftlich handelnden und sozial ausgerichteten Demokratie möglich sein, in der auch größeres Augenmerk auf Gerechtigkeit gelegt wird, vor allem was das Einkommen für jeden Einzelnen betrifft.

Es hat sich gezeigt, dass es unmöglich war, die wirtschaftlichen Bedürfnisse durch einen zentral gelenkten Plan von Politikern, selbst unter Beratung durch intelligente Wirtschaftsprofessoren, zu realisieren. Ebenso ist es unmöglich, die allgemeinen Bedürfnisse der Bürger durch einen Plan intelligenter Politiker und Wissenschaftler wirksam in einer Verfassung zu manifestieren. In der heutigen Zeit wird es ohne eine unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung und eine daraufhin folgende Volksabstimmung nicht mehr möglich sein, eine Verfassung zu manifestieren, die das Vertrauen in den Staat und seine Organe wiederherstellen könnte. Diese Art der unmittelbaren Mitwirkung der Bevölkerung ist heute durch die Möglichkeiten, welche die digitale Revolution bietet keine Utopie mehr.

Das Wesen einer wirklichen Demokratie besteht nach meiner Vorstellung vor allem darin, dass der Staat nach dem Willen der Mehrheit seiner Bürger, basierend auf fest definierten Rechten und Pflichten zum Wohle des Gemeinwesens regiert wird. Hierzu sollte man Bedenken, dass auch 70 Jahre nach dem 2. Weltkrieg, wir Bürger noch keine Möglichkeit hatten, über unsere Grundrechte und Grundpflichten zu entscheiden. Denn genau diese sollen in einer wirklichen Demokratie die Grundlage für das politische Handeln ihrer Volksvertreter sein. Das soll jedoch in keiner Weise die Leistungen schmälern, die der parlamentarische Rat mit der Verabschiedung des Grundgesetzes am 8 Mai 1949 bewirkt hat und uns eine außergewöhnlich lange Zeit ohne Krieg mit wachsendem Wohlstand geschenkt hat. Allerdings konnte der in Artikel 20 verbriefte Grundsatz, „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ bis heute von keiner Regierung umgesetzt werden. Denn das bis heute gültige Grundgesetz, dass in letzter Konsequenz die Grundlage für das Handeln der Regierenden ist, wurde nicht durch das Volk bestimmt, sondern durch einen parlamentarischen Rat, geprägt von den Ereignissen der Hitlerdiktatur und nicht von den Grundüberzeugungen und Grundbedürfnissen der heutigen Bevölkerung. Das Argument, dass sich das Grundgesetz doch so gut bewährt hat, ist jedoch für einen dauerhaften Bestand der Demokratie alles andere als hilfreich, wenn es um die Lösung der Probleme der heutigen Zeit geht. Der VW-Käfer in der BRD und der Trabi in der DDR hatten sich ja auch bewährt und stimmten trotz noch so vieler Verbesserungen, ebenso wie das Grundgesetz, heute nicht mehr mit den Wertvorstellungen und Bedürfnissen der Bürger, als auch den Herausforderungen an die heutige Gesellschaft überein.

In der heutigen schnelllebigen Zeit ist es für die Regierungen, in einer Demokratie mit einer veralteten Verfassung, nicht mehr möglich, tiefgreifende grundsätzliche Reformen durchzusetzen. Denn für solche lassen sich innerhalb einer Legislaturperiode kaum Ergebnisse vorweisen, die von den Wählern bereits positiv wahrgenommen werden. Dies ist aber Voraussetzung dafür, um wirkliches Vertrauen in der Bevölkerung zu erwerben und die Chance auf eine Neuwahl zu haben. Ideen für bessere Fürsorge und größere Gerechtigkeit können aber durch die Politiker alleine in einer solch kurzen Zeit kaum wirklich spürbar erreicht werden, weil die Mühlen der Demokratie sehr langsam malen. Zunächst einmal müssen die eigenen Parteigenossen von wirklich guten, grundlegend neuen Ideen überzeugt werden. Danach sind dann in aller Regel noch viele Kompromisse mit eventuellen Koalitionspartnern nötig, die argwöhnisch befürchten, dass ein Erfolg des Ergebnisses nur den konkurrierenden Parteien neue Wählerstimmen bringen könnte. Auch die Medien, die beim Wahlvolk ebenso darauf achten, dass ihnen ihre Kunden nicht abhanden kommen, begleiten die politischen Prozesse auch eher unter dem Augenmerk ihrer kurzfristigen existenziellen Interessen, als mit dem Ziel bei der Verwirklichung von grundlegend neuen, guten politischen Ideen behilflich zu sein. Das führt dazu, dass auch hier das Augenmerk bei der politischen Diskussion ganz vorwiegend auf die tagesaktuellen Ereignisse gelegt wird. Die tragenden Ideen, die umgesetzt werden müssten, um wirklich zukunftsweisende Verbesserungen zu bewirken haben so keine Chance. Neue Herausforderungen grundsätzlich zu lösen bleibt dabei auf der Strecke. Denn deren Umsetzung erfordert mehr Zeit als eine Legislaturperiode und erreicht deshalb nicht die erforderliche Aufmerksamkeit bei uns Bürgern, wenn die nächste Wahlentscheidung ansteht.

Aus dem zuvor Beschriebenen resultiert, dass Politiker Veränderungen, die längerfristige Zeiträume erfordern, nur äußerst ungern angehen. Da Politiker im Schnitt auch nicht risikofreudiger sind als der Durchschnitt der Bevölkerung, können solche Veränderungen nur durch argumentationsstarke Persönlichkeiten vorangetrieben werden, die gleichzeitig bereits große Sympathiewerte im Volk erreicht haben und die das Risiko nicht scheuen, von populistischen Widersachern so sehr diskreditiert zu werden, dass sie in weiteren Legislaturperioden ihre Einflussmöglichkeit bereits wieder verloren haben. Daher kommt es auch, dass die Politik dazu neigt, mit vielen halbherzigen Gesetzen das Leben von uns Bürgern immer komplizierter zu machen und stets wieder „mit vielen neuen Stützstreben das Haus der Demokratie vor dem Einsturz zu bewahren“. An das inzwischen zu schmale und ungeeignete Fundament mit dem maroden Mauerwerk wagt sich kein Politiker und keine Regierung heran. Ebenso wie die Regierenden in der katholischen Kirche nicht bereit sind, den Glauben ihrer Schäfchen zur Kenntnis zu nehmen und sich das Wirken des Heiligen Geistes nur bei sich selbst vorstellen können, sind auch die Politiker bisher nicht bereit und in der Lage, den Willen der Bevölkerung ausreichend zu erkennen und umzusetzen. In beiden Fällen ist die fortgeschrittene Erosion des Fundamentes und der tragenden Mauern inzwischen unübersehbar. Den Mut, ein tragfähiges Fundament mit stabilen Wänden zu schaffen, das über einen längeren Zeitraum zur Zufriedenheit der großen Mehrheit des Volkes seinen Zweck erfüllen könnte, ist von den Politikern nicht zu erwarten. Das wiederum erzeugt bei den Bürgern ein starkes Gefühl, dass die Politiker eigentlich nur an sich selber und die eigene Klientel denken und keine Ideen für wirksame Veränderungen zur Zufriedenheit der großen Mehrheit von uns Bürgern haben. Ohne massive unüberhörbare Anstöße durch eine große Mehrheit der Bevölkerung kann deshalb kein neues zukunftsorientiertes Fundament mit stabilen Wänden errichtet werden.

Da überzeugende charismatische Politiker mit den wirksamen Ideen und der erforderlichen Durchsetzungskraft nicht in genügender Anzahl vorhanden sind, ist es nur das Volk selbst, das den Politikern die Angst vor dem Risiko nehmen kann, zukunftsweisende Politik in Angriff zu nehmen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass das passieren wird, wenn wir Bürger in einer großen Mehrheit den Parteien unsere Grundüberzeugungen und Bedürfnisse verpflichtend mitteilen, aber auch unsere Bereitschaft bekunden, welche Pflichten und Einschränkungen wir dafür bereit wären in Kauf zu nehmen. Dann würden die Parteien nicht mehr umhin kommen, auch tiefgreifende Reformen in ihren Parteiprogrammen zu verankern und die handelnden Politiker sehr viel freier sein, die dazu notwendigen Veränderungen in Angriff zu nehmen.

Ich will mit diesem Buch den Versuch unternehmen, so gut wie mir das möglich ist, der übergroßen Mehrheit der Bürger, sowohl bezüglich ihrer Wertvorstellungen und Bedürfnisse als auch ihrer Bereitschaft für die erforderlichen Einschränkungen und Pflichten eine Stimme zu geben und sie wirksam der Politik zu Gehör zu bringen. Sollte mir das, durch meine lange Erfahrung, einige Jahre als Arbeitnehmer und danach als Unternehmer mit Menschen aus den unterschiedlichsten Berufsschichten, in rechter Weise gelingen, dann hätte dieses Buch seinen Zweck erfüllt.